Die Überarbeitung des Regionalplans Köln

Der Regionalplan ist ein langfristig angelegter Flächen-Vorsorgeplan mit Zielhorizont 2046. Im Fokus steht eine nachhaltige Entwicklung aller Gemeinden im Regierungsbezirk Köln. Welche Anforderungen und Herausforderungen bestehen, erfahren Sie in diesem Text.

Seit Dezember 2021 liegt ein Entwurf vor, der die Flächenansprüche an den Raum bündelt und den Rahmen für die Entwicklung der Region festlegt. Die Bezirksregierung Köln gab als Trägerin des Regionalplans allen Kommunen, allen Trägern öffentlicher Belange und auch der breiten Öffentlichkeit (einschließlich Wohnungsbauunternehmen und Planungsbüros) die Möglichkeit, ihre Vorstellungen eines gesunden Wachstums in das Überarbeitungsverfahren einzubringen. Bis zum Ende der Beteiligungsfrist am 31.08.2022 sind rd. 1.200 Anregungen und Bedenken bei der Bezirksregierung eingegangen, darunter auch die umfangreiche Stellungnahme der REG, die in den nächsten Monaten aufbereitet und anschließend dem Regionalrat zur Beschlussfassung vorgelegt werden müssen.

Wachstumsdynamik als Herausforderung bei der Überarbeitung

Dabei gilt es verschiedene Herausforderungen im Regionalplan zu berücksichtigen. So besteht z. B. die zentrale Aufgabe darin, das prognostizierte Bevölkerungswachstum aufzugreifen und sowohl für die benötigten Wohnungen als auch erforderliche Arbeitsplätze Siedlungsflächen bereit zu stellen. Gleichzeitig müssen Trassen für die regionalen Verkehrswege und regionale Grünzüge für die ökologische Vernetzung freigehalten sowie klimatische Aspekte berücksichtigt werden.

Das statistische Landesamt IT.NRW prognostiziert der Metropole Köln bis 2040 innerhalb Nordrhein-Westfalens mit 15,8 % die höchste Zuwachsrate: ein Bevölkerungswachstum um ca. 170.000 Einwohner. Die Statistik der Kölner Stadtverwaltung geht von einem weit geringeren Wanderungssaldo, aber einem gleichwohl immer noch starken Bevölkerungswachstum um ca. 70.000 Einwohner aus mit dem stärksten Anstieg in den nächsten Jahren.

Der Einwohnerzuwachs trifft auf einen Wohnungsmarkt, der bereits heute von einem unzureichenden Angebot geprägt ist. Je weniger die zusätzliche Nachfrage nach Wohnraum befriedigt werden kann, desto höher wird der Druck auf den Wohnungsmarkt mit der Folge steigender Mieten und zu befürchtender Verdrängung einkommensschwächerer Haushalte.

Laut einer neuen Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW, im Auftrag der Deutschen Reihenhaus AG) ist die Differenz zwischen Bedarf und fertiggestellten Neubauten bundesweit derzeit in Köln am höchsten: In Köln werden bis 2025 pro Jahr rd. 5700 neue Wohneinheiten benötigt; dieser Bedarf wurde zuletzt nur zu 40% gedeckt!

Siedlungserweiterung auch bei Nachverdichtung erforderlich

Die starke Wohnungsnachfrage wird sich in Köln nur teilweise durch Nachverdichtungen im Bestand und durch die auf Basis des geltenden Regionalplans bereits vorgesehenen großen Neubauvorhaben (z.B. die Parkstadt Süd, der Deutzer Hafen, Mülheim-Süd, Kreuzfeld oder Zündorf-Süd) auffangen lassen. Nach Auffassung der REG werden erheblich mehr zusätzliche Flächen außerhalb der heutigen Siedlungsbereiche benötigt als von der Stadt angemeldet, damit unter ökologischen und insbesondere klimatischen Aspekten die Balance zwischen den Ansprüchen nach zusätzlichem Wohnraum am Stadtrand und genügend Grünflächen innerhalb der bereits bebauten Siedlungsbereiche gefunden werden kann.

Die Herausforderung besteht darin, das Bevölkerungswachstum als positiven Impuls für die Stadtentwicklung zu nutzen, zusätzliche Siedlungsflächen bevorzugt an (zukünftigen) Schienenhaltepunkten auszuweisen und bzw. oder die Chance zu ergreifen die Tragfähigkeit für Nahversorgungseinrichtungen sowie die Infrastrukturausstattung in abgelegenen Stadtteilen zu verbessern.

Unzureichende Flächenbilanz auf Kölner Stadtgebiet

Abgeleitet aus der Bevölkerungsprognose von IT.NRW hat die Bezirksregierung der Stadt Köln einen zusätzlichen Siedlungsflächenbedarf im Umfang von 2.637 ha für Allgemeine Siedlungsbereiche (ASB) und 815 ha für Gewerbe- und Industriebereiche (GIB) attestiert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass von einer Dichte von 80 WE/ha Bruttofläche (d. h. inkl. Straßenerschließung und sozialer Infrastruktur) ausgegangen wurde, die einen hohen Anteil von Geschosswohnungsbau voraussetzen würde, der jedoch in den Randbereichen der Stadt in der Regel nicht zu erreichen sein wird. .

Die Kölner Stadtverwaltung hat das Stadtgebiet nach einheitlichen und nachvollziehbaren Bewertungskriterien systematisch untersucht und so Optionsflächen ermittelt, die unter Beachtung aller fachlichen Restriktionen im Sinne eines kleinsten gemeinsamen Nenners von allen zuständigen Fachämtern mitgetragen werden konnten.

Für die Weiterentwicklung der Stadt wurden Optionsflächen im Umfang von 650 ha für ASB (25 % des errechneten Bedarfs) und 170 ha GIB (21 % des errechneten Bedarfs) der Bezirksregierung übermittelt. Davon wurden jedoch u.a. wegen der Berücksichtigung des Extremhochwassers HQ500 und Verengung der regionalen Grünzüge nur ca. 2/3 in den Regionalplan-Entwurf übernommen, so dass der Regionalplan-Entwurf auf Kölner Stadtgebiet lediglich rd. 450 ha ASB-Flächen und 80 ha GIB-Flächen darstellt.

Ablehnende Haltung des Kölner Stadtrates zu Siedlungserweiterungen

Der Regionalplan bietet für Köln und die Region die Chance, „räumliche Handlungsspielräume für Aufgaben und Herausforderungen der Zukunft zu definieren und zu sichern“ (Zitat aus der Beschlussvorlage der Stadt), ohne bereits abschließend über die künftige Inanspruchnahme der dargestellten Siedlungsbereiche entscheiden zu müssen.

Diese Chance droht sich die Stadt Köln durch eine allzu restriktive Beschlussfassung über die Siedlungsoptionsflächen entgehen zu lassen, da sich der Stadtrat in seiner Sitzung am 20.06.2022 dafür ausgesprochen hat, bereits im Regionalplan-Entwurf dargestellte Optionsflächen im Umfang von rd. 173 ha ASB wieder zu streichen.

Durch die Ablehnung würden die von der Verwaltung ermittelten Entwicklungsmöglichkeiten von Lövenich, Widdersdorf, Brück und Wahn/ Libur (westlich der Bahnlinie) erheblich beschnitten.

Mit Zustimmung des Rats hat die Verwaltung in ihrer Stellungnahme an die Bezirksregierung die erneute Berücksichtigung der zwischenzeitlich im Umfang von 137 ha ausgeschiedenen ASB- Flächendarstellungen gefordert, die vom 500-jährigen Extremhochwasser (HQ 500) betroffen wären:

Von der Berücksichtigung dieser Forderung hängt für die Stadt Köln die weitere Entwicklung der Rheindörfer im linksrheinischen Norden der Stadt (Fühlingen, Rheinkassel, Langel) und die Erweiterung der Stadtteile im rechtsrheinischen Norden (Stammheim, Höhenhaus) ab.

Nach den Berechnungen der REG ergibt sich aus dem Beschluss des Rats mit 437 ha ASB-Flächen lediglich eine 15 %-ige Deckung des Bedarfs und mit 68 ha GIB-Flächen ein Bedarfdeckungsgrad von lediglich 8 %.

Position der REG: Ausreichend Flächenreserven auf eigenem Stadtgebiet vorhalten

Die Stadt Köln darf nach Überzeugung der REG die Flächenvorsorge für das prognostizierte Bevölkerungswachstum nicht einfach auf das Umland abwälzen. Das wäre aus regionaler Sicht sowohl ökonomisch als auch ökologisch unsinnig und würde zu einem dauerhaft angespannten Wohnungsmarkt in Köln mit zu erwartenden sozialen Verwerfungen führen.

Wir haben deshalb Unterstützung durch die Träger öffentlicher Belange oder anderer Organisationen gesucht, um die Forderung nach zusätzlichen Siedlungsflächendarstellungen ins Regionalplan-Änderungsverfahren bei der Bezirksregierung einzubringen.

Parallel hat die REG selbst alle aus fachlicher Sicht vertretbaren Optionsflächen in Form eines ausführlichen Kompendiums fristgerecht bei der Bezirksregierung eingereicht.

Insbesondere wurden diejenigen Optionsflächen (erneut) gemeldet, die an geplanten Stadtbahnverlängerungen liegen und geeignet sind, den Nutzen-Kosten-Faktor der Netzerweiterungen zu verbessern. Diese Vorschläge umfassen ASB-Optionsflächen im Umfang von 246,5 ha.

Weiterhin sollen in Anlehnung an das Landesprogramm „Bauland an der Schiene“ insbesondere die grundsätzlich geeigneten Optionsflächen im Umfang von 93,6 ha erneut in die Betrachtungen einbezogen werden, die im Einzugsbereich von S-Bahn-Haltepunkten liegen:
Angesichts des ebenfalls starken Defizits an Optionsflächen für die künftige gewerblich/industrielle Entwicklung wurden ergänzende GIB-Flächenvorschläge im Umfang von 224,0 ha auf Kölner Stadtgebiet ins Regionalplan-Aufstellungsverfahren einspeist:

Das Kompendium enthält neben den bereits genannten Flächenvorschlägen weitere 80,2 ha ASB-Optionsflächen, die geeignet sind, das Flächendefizit auf Kölner Stadtgebiet weiter zu reduzieren.

Bilanz unter Berücksichtigung der von der REG empfohlenen Optionsflächen

Falls alle Vorschläge aufgegriffen würden, könnten auf Kölner Stadtgebiet bis zu 864 ha ASB Neubauflächen und bis zu 318 ha GIB-Flächen dargestellt werden. Der Bedarfsdeckungsgrad an ASB-Flächen ließe sich somit durch die von der REG eingebrachten Flächenvorschläge von den durch die Stadt Köln angemeldeten 15 % auf 30 % des Bedarfs verdoppeln, an GIB-Flächen von 8 % auf 36 % gar vervierfachen.

Das zeigt, dass auf Kölner Stadtgebiet sehr wohl noch Flächenreserven bestehen, die die Stadt Köln für Siedlungszwecke entwickeln könnte, sofern die Bezirksregierung diese im überarbeiteten Regionalplan-Entwurf aufgreift und die Regionalräte den Plan mehrheitlich so beschließen.

Dennoch wird sich der prognostizierte Bedarf an zusätzlichen Wohnbauflächen auf Kölner Stadtgebiet angesichts umfangreicher naturräumlicher Restriktionen und eines bereits hohen Anteils besiedelter Flächen auch künftig nicht decken lassen, so dass die Nachbar- und Umlandgemeinden einen erheblichen Teil des Nachfrageüberhangs werden auffangen müssen.