Hitzeschutz für Städte und Gebäude

Hitzewelle treffen Städte besonders häufig und intensiv. Sie setzen Infrastrukturen und Gebäuden sowie Menschen zunehmend zu. Die hitzebedingte Sterblichkeit ist in Städten höher – Besonders gefährdet sind ältere oder pflegebedürftige Menschen, Kinder und Menschen mit chronischen Krankheiten, Behinderungen und psychischen Beeinträchtigungen, aber auch Wohnungslose, Geflüchtete und Menschen mit geringerem sozioökonomischen Status oder ungünstigen Wohnverhältnissen.

Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) untersucht, wie Kommunen, Quartiere und Bauwerke besser auf Extremwetter vorbereitet werden können und welche Maßnahmen eingesetzt werden können, um Städte resilienter und lebenswerter zu gestalten. „Wir brauchen kluge, vorausschauende Gestaltung – zum Schutz von Gebäuden, aber vor allem zum Schutz der Menschen, die sie nutzen. Denn was wir heute bauen, soll auch in 50, 80 oder 100 Jahren noch funktionieren,“ so Architektin Svenja Binz im Interview. Svenja Binz forscht am BBSR zur Anpassung von Gebäuden und Städten an den Klimawandel.

Dass es in Städten heißer ist als im Umland, hat viele Gründe. Durch dichte Bebauung und einen hohen Versiegelungsanteil heizen sich Oberflächen stark auf. Gleichzeitig kommt es kaum zu natürlicher Kühlung, zum Beispiel durch die Verdunstung von Regenwasser oder durch Grünflächen – denn diese sind in Städten ungleich verteilt. Aufgrund von fehlenden Frischluftschneisen kann auch nachts keine kühle Luft aus dem Umland ins Stadtinnere strömen. Es handelt sich um ein stadtstrukturelles Problem.

Darüber hinaus mangelt es an Hitzeanpassung. Zentrale Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Schulen sind häufig nicht auf Hitzebelastungen vorbereitet. Dabei erhöht Hitze das Infektionsrisiko in Krankenhäusern und verringert die Konzentrationsfähigkeit von Schüler*innen.

Eine ausreichende Hitzeschutzstrategie im Innenraum kommt oft zu kurz. Durch Glasfassaden und bodentiefe Fenster heizen sich Gebäude stark auf. Ein außenliegender Hitzeschutz kann beispielsweise dafür sorgen, dass der Innenraum bei Starkhitze zu einem angenehmeren Aufenthaltsort wird. Klimagerechtes Bauen ist Voraussetzung für Gesundheit, Aufenthaltsqualität und auch für den Werterhalt von Immobilien – Entscheidend ist, dass gut kommuniziert und gemeinsam gehandelt wird.

Zentrale Bausteine sind Grünflächen, Wasser und Entsiegelung, kurzum: die Umsetzung des Schwammstadt-Prinzips. Bei ausreichender Wasserversorgung kann ein Baum die Kühlwirkung von bis zu zehn Klimaanlagen erfüllen. „Parks, Bäume, begrünte Dächer und Fassaden wirken wie natürliche Klimaanlagen, solange sie gepflegt und ausreichend mit Wasser versorgt sind“, so Svenja Binz.

Auch im Baubereich können einfache Maßnahmen etabliert werden, die große Auswirkungen haben. Eine helle Dachbedeckung reduziert die Überhitzung im Vergleich zu einer dunklen laut BBSR-Studien massiv. Noch effektiver sind Dach- und Fassadenbegrünungen. Sie können Temperaturunterschiede von bis zu 30 Grad bewirken. Architektonische Elemente wie Auskragungen, geschickte Grundrisse oder der Einsatz von Speichermaterialien können dabei helfen, Überhitzung zu vermeiden. Maßnahmen dieser Art müssen allerdings frühzeitig mitgedacht werden. Die Klimaanlage sollte der letzte Ausweg sein – immerhin verschärft sie langfristig das Problem.

Viele Potenziale liegen im öffentlichen Raum. Hitzeanpassung im öffentlichen Außenraum erfordert zum Beispiel Trinkwasserangebote an konsumfreien Orten. Dadurch wird nicht nur für Lebensqualität, sondern für Sicherheit gesorgt. Svenja Binz im Interview: „Multifunktionale Räume sind der Schlüssel. Wege und Plätze können Wasser versickern lassen, Spielplätze gleichzeitig als Regenrückhalt dienen. Wenn Flächen mehrere Aufgaben erfüllen – Aufenthaltsqualität, Hitzeschutz, soziale Nutzung – entsteht echter Mehrwert.“

Spannende Praxisbeispiele liefert das Projekt Urban Heat Labs vom BBSR in Kooperation mit dem Bundesministerium für Wohnungsbau, Stadtentwicklung und Bauwesen. Im Rahmen des Projekts erproben sechs deutsche Städte innovative Hitzeanpassungsmaßnahmen wie grüne Korridore, Cooling Points oder hitzeangepasste Sanierung. Die Modellvorhaben sind Teil der Hitzeschutzstrategie des Bundesministeriums.

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